Nonplusultra Esslingen

Ausdauersportverein

Trainingslager Corona Edition Teil 1

Es war definitiv eine Enttäuschung für uns alle, dass das Trainingslager dieses Jahr nicht wie geplant in Spanien stattfinden kann. Aber Uwe Moeck fasste bald den Entschluss stattdessen einfach „Trainingslager im Kopf“ zu machen. Und das Beste ist, dass er uns alle dabei mitnimmt und Tagebuch schreibt.

Anreise:

Ich lehne mich zurück schließe die Augen und befinde mich mit ner munteren Truppe im Auto auf der Route du Soleil bei Lyon. Wir treffen später Siggi beim Pinkeln an der Raststation bei Carcassonne während Alex bereits ihr Rad ausgepackt und entschieden hat von dort über die Pyrenäen bis zum Zielpunkt unseres Lagers zu radeln. Abends dann das erste gemeinsame Abendessen vor Ort und Ausgabe der Trainingspläne. Das Essen ist super und Alex B hat zum Glück die zwei Kisten Weizen eingepackt. Es kann also losgehen…

Tag 1:

7.00 Uhr: 1. Schwimmeinheit. Bei 8 Grad Außentemperatur erhalten Alex R und Alex F neidvolle Blicke für ihre schicken Speedsuits, in Vereinsfarben gehalten und als extra mit eingenähter Rückenflosse die schnell macht und cooool aussieht. Vom Trainer erhalten die beiden eine Wild Card für Bahn 1. Allgemeines Rumoren beim Rest. Die erwartete Ansage für alle anderen vom Trainer nach dem Einschwimmen: 400m Test um die Bahnen einzuteilen. Fabi erwidert, dass doch eh jeder weiß wer hinter wem schwimmt. Ganz vorne Philipp und ganz hinten Uwe. Anerkennender Applaus von allen, aber Siggi bleibt gewohnt konsequent und hofft auf Positionskämpfe.

Mit der Aussicht auf ein leckeres Frühstück steigen wir in die Fluten. Philipp hat im Winter chirurgische Eingriffe vornehmen lassen: Armspannweite auf 2,15m verlängert. Füße vergrößert auf Größe 52. Dank seiner neuen Extensions wirbelt er propellerartig durchs Wasser und schlägt beim Test bereits nach 3:58min an. Er war bereits geduscht und angezogen als Uwe als letzter nach 49:43min aus dem Wasser stieg. Siggi war zwischenzeitlich am Beckenrand eingenickt. Der Rest saß bereits beim Frühstück, das keine Wünsche offenließ. Anschließend ging’s zur 1 Radeinheit.

Tag 2:

Emma platziert sich beim Frühstück direkt neben Philipp und erkundigt sich, was so Schwimm-Extensions kosten und wie man wohl am besten ihre Eltern dazu überreden könnte. Philipp meint, dass man das über die Sponsoren im Verein regelt und Simone sicher ein Herz für Damen-Triathlon hätte. Emma unterbrach sofort ihr Frühstück legte eine Zwischeneinheit zum Bungalow ein. Simone frühmorgens aus allen Träumen gerissen…

Der Rest des Teams benahm sich erwartungsgemäß am Frühstücksbuffet: Die Schlange vor der Müsliecke war ewig lang. Nur Alex B freute sich über das völlig verwaiste English Breakfast Buffet und konnte am 2. Tag bereits erste Erfolge feiern: 8 Cumberland Bratwürste, 12 Scheiben Bacon, 5 Eier, 4 Scheiben Blutwurst sowie zwei Dosen Bohnen war der Lohn beinharten Trainings hier in Spanien. Entsprechend entschied er sich heute einen Ruhetag einzulegen und am Pool mit ein paar Bikini Schönheiten zu regenerieren.

Ohne Alex B. ging es dann auch entsprechend ruhig in der von Siggi geführten Radgruppe zu. Siggi, der immer noch mit dem Mountainbike und Fellhandschuhen im Wintermodus unterwegs war, war in seinen üblichen Selbstgesprächen kaum zu verstehen. Alex R ließ keinerlei Attacke auf ihren Platz direkt hinter Siggi zu. Entsprechend zerknirscht war Fabi, der so gar keinen rechten Windschatten hinter Alex fand und dem die letztjährige Daueransprache von Robert merklich fehlte. Mal sehen, ob sich hier im weiteren Verlauf des Lagers noch adäquater Ersatz findet

Siggi noch immer im Wintermodus.

Tag 3:

Chris hat am gestrigen Abend stundenlang den Trainer an der Hotelbar bearbeitet: unbedingt muss eine Radausfahrt ins Hausrevier von Jan Frodeno rund um Girona her. Gegen 2:15 Uhr lenkt Siggi schließlich ein, um wenigstens noch eine kleine Mütze Schlaf in dieser Nacht zu bekommen. Da Alex generell um 19.30 Uhr ins Bett geht, war das Apartment abgeschlossen. Der Trainer musste die Nacht in der Ritze des Doppelbetts von Chris und Alex F verbringen. Da Chris kein Auge zu tat, legte er sich sogleich die richtige Tour zu Recht.

Wir rollen also im Peloton entspannt in Richtung Girona. Kurz nach der Stadt dann der Berg der Berge: der Rocacorba. Ein 25km langer Anstieg mit rund 9% Steigung. In einer Reihe arbeiten wir uns Serpentine um Serpentine rauf. Wie aus dem Nichts fliegt ein hoch aufgeschossener Fahrer in Ryzon Klamotten auf einem Canyon Ultimate Evo Bike an unserer Gruppe vorbei. „Auf gehts Jan gib endlich mal Gas!“ ruft Chris dem Frodo zu, als dieser die Gruppe zu passieren beginnt. Jan R. der weiter vorne fährt, geht aus dem Sattel und zieht mächtig an. Frodo springt Jan ans Hinterrad. Jan zieht weiter. Nach weiteren 7km meint Frodo, dass der Berg noch lang wäre. Jan sagt, das sei ihm egal, er wäre erst im 3. Tag seines Lagers und hätte noch jede Menge Körner. Angesteckt vom Racevirus setzt nun auch Valle sein betagtes 8 Gang Stahlross in Bewegung, bei dem jedoch der vordere Umwerfer Marke Fausto Coppi, Baujahr 1952 schon seit 1989 nicht mehr funktioniert. Mit dem kleinen Zeh hebt Valle die Kette aufs große Blatt und verlässt seit Malle endlich mal wieder den Rekom-Bereich. Er setzt den beiden nach und erreicht GA1, ganz im Sinne der Trainervorgabe. Die drei schießen zusammen den Berg hinauf, ziehen an Autos vorbei und müssen trotz Bergauffahrt in den Haarnadelkurven kräftig anbremsen. Das Denkmal Frodeno scheint heute zu fallen.

Siggi als alter Nonplusultra-Weiser funkt seine beiden Athleten an: Frodo wurde an diesem Berg von bislang noch niemandem aus den Socken gefahren, sie sollten einen Gang rausnehmen, um weder Frodos Ruf noch seine Sponsorenverträge aufs Spiel zu setzen. Die beiden grinsen sich an, nehmen raus und warten auf den Rest der Truppe.

Zurück im Hotel steht vor Siggis Unterkunft ein nigelnagelneues Simplon Pavo mit einer Dankkarte von Frodos Hauptsponsor und den Worten „Danke dem lieben Denkmalpfleger von Nonplusultra Esslingen!“

Tag 4:

7.00 Uhr: Die „Guten-Morgen-Schwimmeinheit“ steht an. Die Truppe versammelt sich mehr oder weniger müde, aber überwiegend pünktlich am Pool. Nachdem gestern Joschka nur dank aktivem Wachrütteln seiner Appartementkollegen das Schwimmen nicht verpasste, hat heute keiner Lust, den Langschläfer aus dem Traumland zu holen. Als nach dem Einschwimmen gegen 8.45 Uhr noch immer kein Joschka zu sehen war, wurde es Siggi zu bunt. Mit Wasserbomben bewaffnet machte er sich auf zum Apartment 0815. Das Opfer hatte nicht den Hauch einer Chance. Im Bombenhagel wurde innerhalb kürzester Zeit Zimmer samt Insasse komplett unter Wasser gesetzt. Auch das Hissen einer weißen Flagge hielt Siggi nicht von weiterem Beschuss ab. Erst nachdem Joschka verspricht, den täglichen Service am neuen Trainerrad durchzuführen, hatte er ein Einsehen. Die Morgendusche konnte Joschka sich sparen, das Schwimmtraining holte er direkt im gefluteten Zimmer in Ultrakurzbahnmanier nach.

Rund 1240 Videoclips, die Alex R und Siggi von Oktober bis März speziell zur Anleitung im Trainingslager abgedreht haben, bieten alles was das Gymnastische Herz begehrt. Von einfachen Übungen bis zu hochkomplexen Dehnungsabfolgen ist alles dabei. Besonders genau nimmt es Nina mit der angesagten täglichen Gymnastik. Als Personal Trainerin sind Ihr die einfachen Übungen viel zu profan. So probierte Sie mit Nr. 1239 direkt eine der Profi-Übungen. Abends war ein klagender Hilferuf aus Ninas Apartment zu hören. Paul ist der erste am Unfallort. Er kann kaum glauben, was er dort sieht: Nina hängt in mehreren Therabänder verheddert an einer Türklinke. Eingehüllt wie eine Mumie ist von Nina selbst nichts mehr zu sehen. Paul überlegt, wie er Nina am besten befreien kann. Das einfache Freischneiden widerspricht Pauls Knobelleidenschaft. So fertigt er zunächst Fotos von allen Seiten von Nina an, importiert diese via VPN in sein CAD Geschäftsrechner in Deutschland und schreibt ein Programm, in welcher Reihenfolge nun die Bänder zu entschlingen sind. Ca. 4 Stunden später liegt das Berechnungsergebnis vor. Es dauert weitere 3 Stunden, bis Nina befreit ist. Paul ist sichtlich happy über die Richtigkeit seiner Berechnungen. Nina ist dankbar über ihre Befreiung und kündigt an, NPU einen mobilen CAD Rechner mit entsprechender Rechenleistung für künftige Trainingscamps zu sponsern: Damit andere Opfer von Siggis Fitness App wenigstens nicht das Abendessen verpassen!

Tag 5: Ruhetag oder?

Natürlich nicht! Siggi wäre nicht Siggi, wenn er nicht auch an Ruhetagen Programm für sein Team hätte. Teambuilding war das Gebot der Stunde. Nicht noch einmal wollte er erleben, dass seine Athleten an Ruhetagen die Beachbars stürmen oder seine Athletinnen zweifelhafter Nebenerwerbe in Nachtclubs nachgingen. Dieses Jahr hieß es deshalb zum ersten Mal: „Cooking the Coach!“

In Zweierteam galt es, Siggis über Jahrzehnte aufgebaute Maultaschen-Kochkünste zu schlagen.

Am Start waren:

Team 1: „Hamburger Franzbrötchen“ mit Eva und Frank

Team 2: „Raddepot mit Doppelbett“ bestehend aus Siggi und Alex

Team 3: „Kammerlander“ bestehend Elke und Jörg

Team 4: „Karpatenland“ bestehend aus Daniela und Alex B.

Team 5: „hoffnungsloser Nachwuchs“ bestehend aus Emma und Joschka

Es gilt für alle Teams, innerhalb 1 Stunde möglichst viele, gutschmeckende, optisch wohlgeformte servierfertige Maultaschen zuzubereiten. Die Bewertung erfolgt durch ein komplexes Scoringmodell, dass Siggi von April bis September unter absoluter Siegessicherheit entwickelt hatte. Einen erfolgreichen Test durchlief das Modell bereits bei diversen NPU Vorstandssitzungen, wurde dort jedoch wegen massiver Gewichtszunahme in der Vorstandschaft für den weiteren Einsatz verboten.

Der Startschuss fiel. Team Franzbrötchen begann in Hamburger Gelassenheit, das Brät zuzubereiten und das Gemüse zu schnippeln. Ein Blick nach links zum Team Raddepot mit Doppelbett verriet bereits kurz nach Start, dass die Saarländer reinhauen, nicht nur wenns ums Essen geht. Gekonnt jonglierte Siggi in einer Hand die portionierten Teigfüllungen, die Alex per Fingerschnips in die vorgefertigten Teigtaschen im Akkord einführte. Team Kammerlander arbeitet, wie schon namenseitig zu vermuten war, recht abenteuerlich. Zunächst zerlegte Jörg das Rind, das er eigens für den Wettbewerb anliefern lies, mit dem Jagdmesser, um daraus Rinderhack zu gewinnen. Elke versuchte, ohne Streichhölzer ein Feuer im Freien zum Kochen der Teigtaschen zu entfachen. Sie verschwand zum Holzsuchen im Wald und bat kurz darauf die Wettkampfjury, ihr eine Motorsäge zum Fällen eines Baumes bereitzustellen. Es schien äußert ambitioniert, den eingehandelten zeitlichen Rückstand noch aufholen zu wollen.

Team „Karpatenland“ war Dank Danielas glasklaren Anweisungen und Alex gefügigem Ausführen offenbar getrennt in „Chef de la Cuisine“ und „Küchenhelfer“. Die Aufgabenzuordnung schien jedoch jahrelang eingespielt. Während Daniela in immer kürzeren Abständen ihre Kommandos an Alex erteilte, wirkte Alex motorisch aufs Äußerste ausbelastet. Gemüse schnippeln mit links, gleichzeitig Teig rollen mit rechts, den Herd mit den Füssen bedienend war er schon fast akrobatisch anmutend. Aber Alex schlug sich, wie auch am Pool mit diversen Bikini Ladies, sehr tapfer!

Team „hoffnungsloser Nachwuchs“ diskutierte in höchst strukturierter Weise, ob man nun vegane oder doch vegetarische Maultauschen zubereiten solle. Dem Standpunkt des jeweils anderen wurde jede Zeit der Welt eingeräumt, bis Joschka viel zu spät klar wurde, dass Emma den Unterschied nicht wirklich kannte. Aber auch diesem Team blieb noch ausreichend Zeit, etwas maultaschenähnliches aus dem Kochtopf zu zaubern.

Pünktlich nach 60 Minuten trat die Jury bestehend aus Fabi, Chris und einem Mitglied des NPU Ältestenrates, dem Oberpfälzer, ihr Amt an. Immerhin 5 von 100 möglichen Punkte konnte das Team „hoffnungsloser Nachwuchs“ für sich verbuchen. Die Jury wertete den Umstand, dass das Team zumindest den Schalter für die Kochplatte gefunden hatte, als bewertungsfähig. Team Kammerlander kam auf 36 Punkte: der Umstand, dass das Rind professionell zerlegt wurde, jedoch weder Hack noch Brät zubereitet war, führte zu diesem Score. Team Karpatenland erreichte einen achtbaren 3. Platz. Hätte Alex darauf verzichtet, den Maultauschen das NPU Logo einzubrennen und die Teigtaschen stattdessen vor dem Kochen zu schließen, wäre sicherlich noch mehr drin gewesen.

Das Ergebnis der Gewinner: Wie aus dem schwäbischen Bilderbuch!

Der Gewinner der Challenge war: Team Franzbrötchen! Cooking Siggi war geschlagen. Wunderschön gleichmäßig geformte Teigtaschen in Hülle und Fülle waren das Ergebnis hanseatischen Teamworks. Und der Coach? Der hatte vor lauter Siegesgewissheit vergessen, den Herd anzuschalten, sodass die Teigtaschen der Jury ungekocht serviert wurden. Dies zog nicht nur böse Blicke, sondern auch zeitraubende Klositzungen bei alle Jurymitgliedern nach sich. Dennoch hieß es zum Abschluss in der Runde: „Allseits guten Appetit!“

Uwe Moeck

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